Der Junge öffnete leise die Tür und trat in die Wohnung.
Das gewohnte „Mama, ich bin zu Hause!“ blieb aus.
Elena bemerkte sofort etwas Ungewöhnliches – ihr Sohn hatte die Schuhe nicht ausgezogen, man hörte kein Reißverschlussgeräusch an der Jacke und kein Rascheln von Winterkleidung.
Er bewegte sich nicht und machte keine Geräusche, wie sonst.
— Luka, bist du das? Ich habe Hering gekauft, die Kartoffeln sind fast fertig, komm bald zum Abendessen.
Stille.
— Luka?
Beunruhigt wischte sich Elena rasch die Hände am Küchentuch ab und ging in den Flur.
Ein Blick auf ihren Sohn – und alles war klar: Etwas war passiert.
Er stand da, verwirrt, als wäre er in einer anderen Welt.
Der Blick, den er seiner Mutter zuwarf, durchbohrte ihr Herz mit Sorge.
Sie packte ihn am Jackenkragen und betrachtete aufmerksam sein besorgtes Gesicht:
— Hat dich jemand geschlagen? Hast du jemanden verletzt?
— N-nein… Mama… Da ist ein Hund…
Der Junge zitterte am ganzen Körper und kämpfte gegen die Tränen, die jeden Moment herausbrechen konnten.
— Erzähl mir alles, verheimliche nichts!
— Mama, da ist ein Hund… Im Müll. Er ist verletzt.
Es ist nicht einfach eine Müllhalde, sondern der Keller unter dem Haus.
Ich wollte helfen, aber er hat geknurrt.
Er liegt dort und kann nicht aufstehen, Mama, und draußen ist es kalt.
Man hat Müll auf ihn geworfen.
Elena atmete erleichtert auf – zum Glück war ihrem Sohn nichts passiert.
— Wo genau ist dieser Hund? Hier, gleich neben dem Haus?
— Nein, in der Nachbarstraße, da gehe ich immer lang, wenn ich von der Schule nach Hause komme.
Komm, Mama, wir müssen ihm helfen!
— Hast du versucht, einen Erwachsenen um Hilfe zu bitten?
— Ja, aber niemand wollte helfen.
Alle haben nur mit den Schultern gezuckt, sagte Luka und senkte den Blick.
— Hör zu, Luka. Es ist schon spät und dunkel. Zieh deine Jacke aus.
Vielleicht hat sich der Hund einfach nur zum Ausruhen hingelegt?
— Nein, er kann nicht aufstehen.
— Du könntest dich irren. Morgen früh sehen wir nach.
Wenn er noch da ist, überlegen wir, was zu tun ist.
Wir rufen den Tierschutz oder ein Tierheim.
Einverstanden? Und jetzt zieh deine Jacke aus, du frierst.
Widerwillig begann Luka, die Jacke aufzumachen.
— Mama, was ist, wenn er über Nacht erfriert?
— Es ist ein Hund, Luka.
Außerdem ist es ein Straßenhund, er ist an die Kälte gewöhnt.
Er hat ein Fell, das ihn wärmt.
Es wird schon gut gehen.
Luka ging sich die Hände waschen, konnte aber nicht aufhören, an das zu denken, was er gesehen hatte.
Die Augen des Hundes tauchten vor ihm auf – verängstigt, voller Schmerz.
Er erinnerte sich, wie er in die dunkle Öffnung des Kellers geschaut hatte, der als Müllplatz diente.
Dort sah er keinen Rassehund, sondern einen Mischling mit rötlichen Flecken an den Wangen.
Wie lange lag er wohl schon dort?
Warum konnte er nicht aufstehen?
Diese Gedanken taten weh, verursachten Übelkeit.
An diesem Abend spielte Luka mit einem Freund.
Trotz des Winters war es recht mild, aber die Kälte war dennoch spürbar, und der Schnee bedeckte den Boden wie ein weißer Teppich.
Sie fuhren lange Schlitten – mal mit einem richtigen Schlitten, mal taten sie so, als wären sie Snowboarder.
Als sie beschlossen heimzugehen, nahmen sie eine Abkürzung über einen schmalen Pfad neben dem Haus.
Was brachte Luka dazu, plötzlich in die Dunkelheit der Müllnische zu schauen?
In der Dunkelheit glühten zwei Augen.
Zuerst dachte er, es sei eine Katze.
Als sie näher traten, sahen sie… einen Hund.
Luka schaltete die Taschenlampe seines Handys ein und leuchtete in den Keller.
Im schwachen Licht sah er Fellbüschel, zerrissen von Bissen, und eine tiefe blutende Wunde am Hinterbein.
Wie sollte er dieses arme Tier einfach dalassen?
Dreißig Minuten lang stand Luka neben der Öffnung und bat vorbeigehende Passanten um Hilfe.
Doch niemand blieb stehen.
Junge Leute, Erwachsene, sogar ältere – alle ignorierten ihn.
Am nächsten Morgen wachte Luka früh auf.
Er zog sich schnell an und ging zur Tür.
Elena machte sich gerade für die Arbeit fertig.
— Mama, ich will nachsehen, ob der Hund noch dort ist.
— Luka, ich bin sicher, dass er schon weg ist.
Du hast dich umsonst gesorgt und nicht geschlafen, seufzte sie.
Luka sagte nichts.
Als er ankam, blickte er wieder in die Öffnung.
Der Hund war noch da, atmete kaum.
— Mama, er ist noch hier! rief Luka zitternd, als er Elena anrief.
— Wir können ihn nicht einfach so zurücklassen!
Elena versuchte Hilfe zu finden, aber weder die Feuerwehr noch die Hausverwaltung kümmerten sich.
Schließlich rief sie ihre Freundin Marina an, die vorschlug, ein Tierheim zu suchen.
Marina fand die Kontaktdaten vom „Haus der Hoffnung“, und die Freiwilligen erklärten sich bereit zu helfen.
Luka wartete ungeduldig auf sie.
Als sie ankamen, stieg eine der Helferinnen hinab, um den Hund zu holen.
Wegen der Kälte war das Tier an die Metalloberfläche des Kellers festgefroren, es lag in seinen eigenen Exkrementen.
— Jetzt bist du in Sicherheit, du arme Seele, sagte sie und streichelte den Hund liebevoll.
— Mein Gott, er ist nur noch Haut und Knochen!
Der Hund wurde behandelt und dann ins Tierheim gebracht.
Mit der Zeit beschlossen Luka und Elena, ihn zu adoptieren.
Die Geschichte verbreitete sich, und Luka erschien in den Nachrichten, aber er hielt sich nicht für einen Helden:
— Ich habe nur das getan, was jeder mit einem Gewissen tun würde.
Die Welt ist so gefühllos geworden, dass eine einfache gute Tat Erstaunen auslöst.
Das ist traurig.
Ich möchte, dass die Menschen freundlicher werden.
Jetzt lebt der Hund, den Luka Max nannte, bei ihm, und der Junge träumt davon, Tierarzt zu werden, um noch mehr Tieren zu helfen.