Die Großmutter ließ ihre Enkel im Wald zurück, ohne jemanden darüber zu informieren. Ein Jahr später stieß die Mutter zufällig auf eine Frau, bei der sich Kinder befanden, und war erschüttert über das, was sie sah…

INTRESSANT

Die Dunkelheit hatte sich bereits über den Wald gesenkt, die Bäume waren im Zwielicht kaum zu erkennen.

Alle Menschen saßen längst zu Hause, wärmten sich mit einer Tasse Tee oder bereiteten sich auf das Schlafengehen vor.

Doch in der Ferne, zwischen den Schatten, tauchten drei Silhouetten auf.

Es war eine alte Frau, die ihre Enkel immer tiefer ins Dickicht führte.

„Wir sind da!“, rief Valentina Igorewna laut und beinahe fröhlich.

„Man hat mir gesagt, ihr seid das Böse, und man muss euch schnell loswerden!“

Der Junge runzelte die Stirn:

„Oma, warum sind wir das Böse?“

„Sei still! Ihr werdet euch in Würmer verwandeln und andere auffressen!“, rief sie scharf, doch sofort wurde sie milder, fuhr mit der Hand über ihre Köpfe und begann zu weinen.

„Macht euch keine Sorgen, eure Mutter wird mir danken, dass ich sie von euch befreit habe“, flüsterte die Frau.

Sie setzte sich auf den Boden und begann mit den Händen ein Loch zu graben.

Als sie fertig war, legte sie einen alten Besen hinein – als wäre es ein Symbol für das, was hier geschehen sollte.

„Oma, mir ist kalt… Lass uns nach Hause gehen“, bat das Mädchen.

Diese Worte trafen etwas in der Frau.

Plötzlich begann sie laut zu lachen:

„Nein! Ihr habt eure Mutter getötet, also bleibt ihr hier.

Nach Hause werdet ihr nicht mehr zurückkehren!“, schrie sie, sprang auf und verschwand schnell in der Dunkelheit.

Anja begann zu weinen.

Ihr Bruder nahm sie in den Arm und führte sie den Pfad entlang, in der Hoffnung, den Weg zu den Menschen zu finden.

Sie zitterten vor Kälte – die Großmutter hatte sie völlig ungeeignet für den nächtlichen Wald angezogen.

Nadeschda hatte gerade das Sortieren des Mülls auf der Deponie beendet.

Sorgfältig sammelte sie die wertvollsten Fundstücke und lud sie auf den Wagen.

Ihr Häuschen lag abseits des Waldes – ein einsamer, aber vertrauter Ort.

Vor kurzem hatte sie einen Mann geheiratet, den sie wahnsinnig liebte.

Doch er war Alkoholiker und ein meisterhafter Lügner: Er erzählte, früher Kapitän der Handelsmarine gewesen zu sein.

Nadja hingegen war fleißig – sie arbeitete als Melkerin im Kolchos und jobbte, wo sie konnte, um ihr Leben etwas angenehmer zu gestalten.

Doch all das Geld, das sie mühsam verdiente, fand der Mann und vertrank es mit seinen Freunden.

Nadja hatte zwei Kinder, die sie oft mit zur Arbeit nahm.

Allmählich schwand ihre Geduld.

Selbst eine so starke Frau konnte die endlosen Saufgelage nicht mehr ertragen.

Sie entschloss sich zur Scheidung, sammelte die Unterlagen, machte jedoch einen großen Fehler – sie nahm die Kinder nicht mit.

Gerade an diesem Tag wurde ihre Ablöserin krank, und Nadja musste für sie einspringen.

Der Ehemann blieb nüchtern zu Hause, die Kinder schliefen.

Doch kaum war die Frau gegangen, begann Nikolai wieder zu trinken.

Er verschloss den Ofenschornstein zu früh, und die ganze Familie vergiftete sich mit Kohlenmonoxid.

Nadeschda konnte diese Tragödie nicht verkraften – sie verlor vor Kummer den Verstand.

Tagelang streifte sie über den Friedhof, verlor jeden Lebenssinn und griff schließlich selbst zur Flasche.

Mit der Zeit verlor sie ihre Arbeit und ihr Zuhause.

So landete sie auf der Müllhalde.

Eines Abends, in tiefer Depression, ging Nadja zu einer alten Fabrik, um sich zu wärmen und Tee zu kochen.

Plötzlich hörte sie Kindergeschrei.

Sie blieb stehen.

Ging näher.

Auf einem Baumstumpf saßen kleine, durchgefrorene Kinder.

Der Junge versuchte, seine Schwester zum Weitergehen zu bewegen, aber das Mädchen wollte sich nicht rühren.

„Kinder, wie seid ihr hierhergekommen?“, fragte die Frau erstaunt.

„Wir gehören niemandem… unsere Oma hat uns im Wald ausgesetzt.

Sie sagte, wir bringen Unglück.

Unsere Mama ist tot – sie ist im Krankenhaus gestorben.

So sind wir mit Anja hierhergekommen“, antwortete der Junge.

Nadja traute ihren Ohren nicht.

„Kommt mit, ich werde euch füttern, wärmen.

Habt keine Angst vor mir.

Ich hatte auch einmal Kinder in eurem Alter…

Ich konnte sie nicht retten und habe sie verloren…“, weinte sie.

Die Kinder hatten keine Angst.

Was hatten sie schon zu verlieren?

Sie folgten der Frau.

Bald befanden sie sich in einem Gebäude, das ihnen Wärme und Zuflucht bot.

Nadja legte die Kinder schlafen, deckte sie mit einer dicken Decke zu.

Sie saß daneben, schaute sie lange an – als sähe sie in ihnen ihre eigenen.

„Ich werde euch nicht im Stich lassen.

Ihr habt schon genug gelitten.

Solange ich lebe, werde ich nicht zulassen, dass ihr ins Kinderheim kommt“, flüsterte sie sich selbst zu.

Dann holte sie aus einem Versteck die Geburtsurkunden ihrer Kinder hervor und saß da, in Gedanken versunken.

Erst am Morgen konnte sie ein wenig schlafen.

Am Morgen wusch sich Nadja, zog sich an und nahm die Kinder entschlossen bei der Hand.

Gemeinsam gingen sie zum Bahnhof.

Für alle drei begann ein neues Leben.

In dem Moment, als die Kinder im Wald ausgesetzt wurden, konnte ihre leibliche Mutter keinen Frieden finden.

Lilia war eine Schönheit – sie war gerade einmal sechsundzwanzig Jahre alt.

Sie hatte viele Verehrer, doch sie wählte Dmitri – einen guten, fürsorglichen Mann.

Sie schloss ihr Studium ab, wurde Leiterin eines Kindergartens und gebar zwei Kinder.

Dabei half ihr ihre Mutter – eine einflussreiche Beamtin im Bereich der Vorschulerziehung.

Doch mit der Zeit veränderte sich der Ehemann.

Als er den Geschmack von Wohlstand und Sicherheit kennenlernte, verwandelte er sich von einem einfachen, herzlichen Mann in einen egoistischen Snob.

Als ihm ein Job im Ausland angeboten wurde, reiste er ab – mit dem Versprechen, seine Familie bald nachzuholen.

Das Versprechen blieb leer – er verschwand für immer aus ihrem Leben.

Lilias Mutter, geplagt von Schuldgefühlen über das Auseinanderbrechen der Familie, wandte sich der Religion zu.

Doch ihr Weg war ein Irrweg – sie geriet unter den Einfluss einer Sekte.

Unter deren Druck verlor sie den Verstand und vermachte ihr ganzes Eigentum den „geistlichen Führern“.

Lilia versuchte, ihre Mutter zu retten, doch alle Bemühungen waren vergeblich.

Eines Tages, als sie mit den Kindern vom Kindergarten zurückkehrte, wurde Lilia auf dem Zebrastreifen von einem Motorradfahrer angefahren.

Zum Glück blieben die Kinder unverletzt, doch sie musste sofort ins Krankenhaus gebracht werden.

Sie wurde einer komplizierten Operation unterzogen, aber ihre größte Sorge galt den Kindern – wie leben sie jetzt mit der Großmutter?

Inzwischen hatte Valentina Igorewna, also ihre Mutter, völlig den Bezug zur Realität verloren, war ständig auf „geistlichen Versammlungen“ und kümmerte sich einen ganzen Monat lang nicht um das Schicksal ihrer Enkel.

Lilia wusste: Wenn sie in der Klinik von ihren Ängsten erzählte, würde die Familie als sozial problematisch eingestuft und die Kinder würden ihr weggenommen werden.

Sie ahnte nicht einmal, welches Unheil ihre Mutter bereits angerichtet hatte.

Sobald es ihr etwas besser ging, floh sie aus dem Krankenhaus.

In ihrer Abwesenheit hatte Valentina alles Wertvolle aus der Wohnung verkauft.

Die Frau war vollkommen verrückt geworden – lief nackt durch das Haus, lachte ohne Grund…

Doch das Schlimmste war: Die Kinder waren verschwunden.

Auf Lilias Frage, wo ihre Enkel seien, weinte und lachte die Mutter nur.

Lilia musste sie in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen, wo ihr die Diagnose „Unzurechnungsfähigkeit“ gestellt wurde.

Mit der Zeit kam Lilia langsam wieder zu sich.

Sie schaffte es, zur Arbeit zurückzukehren.

Es gab Momente, in denen sie über Selbstmord nachdachte, doch etwas in ihr hielt sie davon ab.

Gerade in dieser Zeit kam eine Frau namens Nadeschda in ihren Kindergarten.

Es war dieselbe Frau, die die Kinder im Wald gefunden und bei sich aufgenommen hatte.

Nadja hatte beschlossen, ihr Leben radikal zu ändern – in die Stadt zu ziehen und von vorn zu beginnen.

Zuvor hatten sie mit den Kindern irgendwo gelebt: im Bahnhof, in der Datscha eines alten Mannes, dem sie im Haushalt halfen.

Doch die Saison ging zu Ende, und der alte Mann musste sie schweren Herzens bitten zu gehen – im Winter wurde auf der Datscha Wasser und Strom abgeschaltet.

Als Nadja eine Stellenanzeige für eine Kindergartenhelferin sah, kam sie zum Vorstellungsgespräch.

Sie beschloss, die Kinder als ihre eigenen auszugeben – vom Alter her passte es.

Doch kaum trat sie ins Büro der Leiterin, verlor Lilia das Bewusstsein.

„Mama! Unsere liebe Mama!“, riefen die Kinder und stürzten auf die Frau zu, küssten ihre Hände, ihr Haar, ihr Gesicht.

Nadja stand verwirrt da, verstand nicht, was geschah.

Als sie die ganze Geschichte erfuhr, verurteilte Lilia sie nicht für das, was sie getan hatte.

Im Gegenteil – sie nahm sie wie einen nahestehenden Menschen an.

Zwei Frauen, die Schreckliches durchlebt hatten, fanden in einander Halt, Wärme und Frieden.

Lilia hatte ihre Kinder zurück, und Nadja wurde für sie zur zweiten Mutter – zur Oma von Danetschka und Anetschka.

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